be your own AVATAR

In der Umsetzungsästhetik ist es ein Wireframe-Modell, welches dann stellvertretend die Anwesenheit der TänzerInnen präsentiert und in neuer Form präsent macht. Dieses Wireframe beinhaltet in der Modelldarstellung die Abstraktion eines virtuellen Erscheinungsbildes.
3D-Objekte oder virtuelle Avatare, welche die Stellvertreterobjekte für die PerformerInnen auf der holographischen Bühne sind, brauchen dann natürlich auch eine Erweiterungsform in der Visualisierung, um wirklich als dreidimensionale Interaktionsobjekte für die realen TänzerInnen zu Verfügung zu stehen.
Umsetzung für diese neue Form der dreidimensionalen Anwesenheit ist die 360º holographischen Projektion, ein interaktives Cheoptics mit Echtzeitübertragung.
Wir beabsichtigen in der endgültigen Performancesituation, dass die Real-TänzerIn mit drei oder vier Avatars interagiert und über Klang- und Bildmodulation Kontakt aufnimmt. Indem sie mit diesen Anderenorts-Performerinnen improvisiert und interaktive Konstellationen auslotet, vermittelt sie die simulierte Anwesenheit der virtuellen TänzerInnen naheliegend und unmittelbar und die eigenen tänzerisch, kreativen Bewegungsabläufe gestalten sich rückwirkend neu.
Was ist eine Interaktion im virtuellen Umgebungsraum, wenn sie für den Protagonisten keine erweiterte Selbsterfahrung vermitteln kann und für den Zuschauer keine immersive Erlebniserweiterung entsteht?
Foto-Impressionen
HOLOstage at CYNETART 2014; photos by David Pinzer










































































HOLOstage Produktionsteam / Trans-Media-Labor Hellerau
Jo Siamon Salich (Konzeption, Projektleitung, Produktionsdesign), Frieder Weiß (Softwareentwicklung), Matthias Härtig (Programmierung), Johanna Roggan (Tanzperformerin), Katharina Groß (Dokumentation, Methodenentwicklung), Thomas Dumke (Projektkoordinierung)
HOLOstage-Phase I / CYNETART 2014 intro performance
Tanzperformerin Johanna Roggan
Klangkostüme vom DAP Lab London
Michèle Danjoux (design, art direction)
Johannes Birringer (Choreographie)
HOLOstage ist eine Produktion der Trans-Media-Akademie Hellerau
im Rahmen der europäischen Kooperationsinitiative Metabody – Media Embodiment Tékhne and Bridges of Diversity
Partner: HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden,
DAP-Lab – Brunel Universität West London ,
pms professional media service Dresden
Gefördert von der Europäischen Kommission durch das Programm KULTUR, der Landeshauptstadt Dresden sowie der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen.
Jörg Sonntag
September 2014
Performances zur CYNETART 2014
Donnerstag, 13. November, 21.30 Uhr
Freitag, 14. November, 20.30 Uhr
Samstag, 15. November, 20.30 Uhr
Eintritt mit Ausstellungsticket
Video-Impression einer Performance
HOLOstage-Performance im Rahmen CYNETART 2014. Es tanzt Johanna Roggan.
Installation 2014
HOLOstage Stufe 1 war als Installation während der Ausstellungszeiten der CYNETART 2014 im Festspielhaus Hellerau besuchbar.
http://www.cynetart.de/holostage2014
Theoretisch-philosophischer Entwicklungshintergrund
Neben der dreidimensionalen Avatar-Projektion in den dreidimensionalen Umgebungsraum hat mich bei der Projektentwicklung auch der philosophische Denkansatz des holographischen Weltbildes oder besser das holographische Modell unserer Realität interessiert. Dieses Modell, welches in seiner Wissenschaftlichkeit auch eine Imagination und eine Intuition bildhaft vermittelt, strahlt eine gewisse Faszination aus, der man sich schwerlich entziehen kann und die sich durchaus mit der Faszination einer räumlich-virtuellen Avatar-Projektion vereinbaren lässt.
Hintergrund dieses holographischen Modells oder Nachbild unserer Realität ist im eigentlichen die Quantenphysik. Das Modell wurde zuerst vom Physiker David Bohm entwickelt, der zusammen mit Albert Einstein an der Universität von Princeton tätig war. Bohm begann in den Bereichen Quantenmechanik und Relativitätstheorie zu forschen. Zusammen mit Karl Pribram - einem Neurowissenschaftler der Universität von Stanford - entwickelte er dann das holographische Realitätsmodell.
Pribrams Untersuchungen waren darauf spezialisiert, wie Erinnerungen im Gehirn gespeichert werden. Seine holographische Theorie besagt, dass das Gehirn Informationen auf die gleiche Weise speichert, wie Informationen in einem Hologramm gespeichert werden. Einer der Gründe, warum beide Ansätze zueinander gefunden haben war, dass die gleiche mathematische Berechnung - genannt Fouriertransformation - die zur Berechnung von Hologrammen benutzt wird, auch im menschlichen Gehirn zum Einsatz kommt, um Informationen über Sinneseindrücke (sehen, hören, tasten) zu verarbeiten. Durch die Vereinigung beider Ansätze entstand schließlich das holographische Modell unserer Realität.
Das Hologramm, welches seine Dreidimensionalität dadurch entwickeln kann, dass die Bildinformation aus einem mehrfachen reflektierten Laserstrahl entsteht, hat die Eigenschaft, dass bei der Zergliederung des 3D- Nachbildes, jedes einzelne Teil des zerbrochenen Hologramms wiederum das gesamte 3D-Bild erzeugen kann. Das einzige, was in diesem Fall verloren geht, ist die Auflösung bzw. Bildschärfe, die abnimmt, umso kleiner das Teilfragment ist.
Eine Erkenntnis, die aus dem holographischen Realitätsmodell abgeleitet wurde ist, dass man sich unsere Realität besser als ein Bild anstelle eines Festkörper-Konstrukt vorstellen sollte. Die Realität, die wir sehen, entspricht vielleicht eher einer dreidimensionalen Projektion, ähnlich wie ein Schatten der zweidimensionalen Projektion eines dreidimensionalen Körpers. Eines der unerklärten Phänomene der Quantenphysik von David Bohm ist die scheinbar direkte Kommunikation ohne jeglichen Zeitverzug zwischen zwei physikalischen Teilchen, die sich in großer Entfernung voneinander befinden. Nach der Relativitätstheorie, kann sich nichts schneller im Raum bewegen, als die Lichtgeschwindigkeit. Aber Experimente zeigen, dass die Information zwischen zwei Teilchen ohne Zeitverzug ausgetauscht wird.
Um diese dreidimensionale Bezugssetzung zu erläutern, entwickelte Bohm die Analogie des sogenannten Aquarium-Modells. In diesem Modellversuch positionierte er zwei Videokameras aus unterschiedlichen Perspektiven vor ein Aquarium, in welchem ein Goldfisch schwimmt. Er überträgt die Aufzeichnung der beiden Kameras auf zwei Monitore, die sich in einem anderen Raum befinden und zeigt es einem Probanden, der die Versuchsanordnung nicht kennt. Die Aussage des Besuchers, der sich vor die Monitore setzt, wird immer eine Entsprechung für die naheliegendste Assoziation sein. Er sieht zwei Fische in zwei unterschiedlichen Aquarien. Wenn sich die Fische auf dem Monitor zu bewegen beginnen, scheint es so, als ob die beiden Fische miteinander kommunizieren, um ihre Bewegungen aufeinander abzustimmen. Erst wenn dem Beobachter der Versuchsaufbau erklärt wird, wird klar, dass es sich auf beiden Monitoren um den gleichen Fisch handelt.
Die Theorie von David Bohm besagt, dass die dreidimensionale Realität in der wir leben, nur die Projektion einer tieferen Realität ist. Auf der Ebene dieser tieferen Realität kann eine Kommunikation augenblicklich und ohne Zeitverzug erfolgen, denn auf dieser tieferen Ebene sind alle Teilchen miteinander verbunden, weil sie alle Teil des gleichen Hologramms sind. Bohm denkt, dass jegliche Trennung, die wir in unserer Realität empfinden auf einer falschen Vorstellung basiert und wir uns über die Zusammengehörigkeit auf der tieferen Ebene nicht bewusst sind. Durch dieses holographische Realitätsmodell lassen sich auch paranormale Phänomene wie Telepathie oder Telekinese erklären. Wenn es einem Menschen gelingt, auf gedanklicher Ebene bewusst auf die tieferen Realitätsebenen zuzugreifen, könnte er nicht nur Zugriff auf die Gedanken eines anderen Menschen bekommen, sondern auch einen Gegenstand bewegen, indem er auf der tieferen Ebene das Modell des Gegenstands manipuliert, bevor es in unsere Realität projiziert wird.
Dieses Modell hat ausgesprochen viel Einflussnahme auf meine Projektentwicklung ausgeübt.
Zum einen sind es die Perspektiven der Kameras in der Aquariums-Versuchsanordnung, die mich, neben der technisch notwendigen Übertragungszuordnung,
dazu geführt haben das holographische 3D-Abbild des Avatars aus den vier Grundperspektiven in das Hologramm zu übertragen, um eine dreidimensionales Echtzeitübertragung zu realisieren. Zum anderen ist es die Mapping-Methode aus der sich der Avatar in seiner virtuellen Realität etabliert.
Da unser Entstehungsprozess eines abgebildeten Avatars in der holographischen Pyramide auf einer Particle-Ausschüttung beruht, die ein Wireframe-Objekt erzeugt, sind wir mit unserer Versuchsanordnung nahe an einem virtuell-digitalen Teilchenprozess.
Dadurch, dass der Emitter, der für die Particle-Ausschüttung verantwortlich zeichnet Anziehungsparameter hat, wird es möglich, den holographische Avatar erst durch die Anwesenheit eines Performers im System entstehen zu lassen. Der Performer muss im System auch Bedingungen erfüllen, um die Körperlichkeit seines Avatar zu erhalten. Dieses Projekt ist ein Plädoyer für die Entschleunigung. Erst in der konzentrierten Langsamkeit der eigenen Körperbewegungen ist die Kommunikation mit dem Avatar stabil. In der Dynamik wird der Avatar zerstört und fügt sich erst wieder zu einem Körpernachbild wenn eine Ruheposition gefunden wird und diese Ruheposition auch ausgehalten werden kann.
Die ungeheuere Beschleunigung der Abläufe in unserer Gesellschaft führen ganz sicher dazu, dass wir nicht mehr in der Lage sind, die tieferen Ebenen unserer Kommunikations- und Koordinationsfähigkeit zu erkennen und zu leben. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass eine erweiterte Immersivität durch die Vervielfachung unserer Sinneseindrücke stattfinden kann. Ich behaupte das Gegenteil.
I3, das Virtuell Reality Triangle setzt sich zusammen aus den Polaritäten: Immersion, Imagination und Interaktion. Es beschreibt über diese drei Zuordnungen, wie intensiv wir in eine virtuelle Umgebung „eintauchen“ können und laut Definition die Überführung in einen Bewusstseinszustand, bei dem sich die Wahrnehmung der eigenen Person in der realen Welt vermindert und die Identifikation mit dem Selbst (dem Avatar) in der virtuellen Welt vergrößert. In unserem Modellversuch einer Interaktion mit einem holographischen Nachbild wird aber der Avatar auch Einfluss nehmen auf den Bewusstseinszustand der Person in der realen Welt.
Jo Siamon Salich
September 2014
Video-Dokumentation HOLOstage Phase 1