A.P.P.I.A. Lab Anlässlich des 100. Jubiläums der Eröffnung des Festspielhauses bietet das Projekt A.P.P.I.A. Lab bezogen auf das von Adolphe Appia seinerzeit revolutionäre Konzept der Verbindung von Raumbild und Körperbewegung unterschiedliche aktuelle Zugänge auf der Basis moderner virtueller Klang-Bild-Umgebungen. Die Vorstellung Adolphe Appias, dass der Raum lebendig wird, wenn ihn menschliche Körper betreten, bildet den zentralen Ausgangspunkt aller Projekte im A.P.P.I.A. Lab. Dies ist nicht im Sinne einer physisch-skulpturalen Anordnung von schiefen Ebenen oder Treppen gemeint, sondern im Sinne von virtuell existierenden Klang- und Bildumgebungen, die abhängig von Parametern der körperlichen Bewegung (Position im Raum, Dynamik, Ausdehnung) erst ihre sinnlich wahrnehmbare Realisierung finden. Die Körper beleben auf dieser neuen technischen Ebene tatsächlich die Räume, welche ohne ihre Anwesenheit als virtuelle Klang- und Bildquelle lediglich potenziell existieren. Den „Widerstand“, welchen Appia dem Körper physisch entgegensetzte, um die vitale Ausdruckskraft der „Darsteller“ den herrschenden Konventionen zuwider herauszufordern, bilden nunmehr die „Anstrengungen“ zur „Übersetzung“ des virtuellen Potenzials innerhalb der physischen Körperbewegung selbst. Das heißt, die virtuellen Bild- und Klang-„Architekturen“ wollen von der Bewegung entdeckt, erfahren, verwandelt, ja geradezu erst re-komponiert werden. Bewegung wird Klang, und Klang wird Bewegung. Bewegung wird Bild, und Bild wird Bewegung. Die Wahrnehmung des praktisch im Real-Time-Processing nicht ausgedehnten, nur geistig re-präsent werdenden, Raumes zwischen Körperbewegung und Klangbewegung beziehungsweise Bildbewegung ist der Widerstand, der im Prozess der physischen Bewegung des Virtuellen realisiert werden soll. Hieraus resultiert im besten Falle eine medientechnisch basierte Ästhetik der doppelten (Selbst-)Wahrnehmung von Bewegung, respektive „Tanz“ als Klang bzw. als Bild ganz im Sinne von Heinz von Foersters „Wahrnehmung der Wahrnehmung“. Genau an der Differenz – quasi die schiefe Ebene Appias im Gegensatz zum ebenen Boden – zwischen physischer Bewegung und bewegter virtueller Klangumgebung kann das Performative als innerlich präsenter Prozess auf neue Weise wahrgenommen werden. Die gefundene „Transkription“ des Namens „Appia“ in „A.P.P.I.A.“ steht für die Leitbegriffe Audio-Präsenz, um performative, durch den Körper hindurch wahrgenommene Bewegung, um ein Drinnen-Sein (Immersion), um Art-Spaces der Überschreitung bzw. Erweiterung von Grenzen der Wahrnehmung. (Text: Klaus Nicolai)

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