Erster virtueller Platz der Weltkultur in Dresden

Eröffnung in Dresden am 12. Juli, 22.00 Uhr, Prager Str. 8

Die Kulturstadt Dresden empfängt einen großen Teil ihrer Identität und internationalen Ausstrahlung aus der Vergangenheit. Und diese repräsentiert sich vor allem in den hiesigen Museen, architekturgeschichtlich wichtigen Gebäuden und historischen Veranstaltungsstätten. Darauf baut auch der Publikumserfolg der Museumsnacht: Die Stadt hat eine Kulturgeschichte, die in jeder Hinsicht opulent ist: die Musik- und Operntradition, die unglaublich kostbaren Sammlungen, die avantgardistischen Aufbrüche in Kunst, Literatur und Tanz im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts… – all dies verleiht der Stadt einen unverwechselbaren, europaweit ausstrahlenden Charakter und Charme. Dieser ständig zu wahrende Abglanz des Vergangenen birgt aber auch die Gefahr einer Ãœberblendung gegenwärtiger kultureller Prozesse und künstlerischer Möglichkeiten.

Vergangenheit und Zukunft, Barock und High-Tech, Kunst und Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft können im Zeitalter der digitalen Informationsverarbeitung und globalen Vernetzung nicht mehr isoliert voneinander entwickelt und wahrgenommen werden. Das eine kann heute immer weniger ohne das andere existieren. Jede Separierung in Ressorts und jede einseitige Fixierung auf etablierte Hochkultur führt auf Dauer zu Erstarrung und Entfremdung von Stadt als lebendigen kulturellen Erfahrungsraum.

Der in Dresden zur Museumsnacht durch Oberbürgermeister Ingolf Rossberg eröffnete Erste virtuelle Platz der Weltkultur steht in diesem Sinne für ein Plateau, von dem aus sich das Gegenwärtige im Künftigen, das Nahe im Fernen, das Lokale im Globalen, das Spielerische im Technischen und das Künstlerische im Alltäglichen wahrnehmen lässt. Der Erste Virtuelle Platz der Weltkultur ist ein Ort, von dem aus wir durch die Nacht der Museen hindurch nicht nur das Licht und den Klang gegenwärtiger Künste und Wissenschaften, sondern unsere eigenen Bewegungen als Licht- und Klangraum wahrnehmbar werden. Virtuell – das heißt der Möglichkeit nach – können sich an diesem Ort Menschen und künstlerische Ausdrucksformen aus aller Welt in Echt-Zeit medial begegnen.

Das antik sokratische „Erkenne Dich Selbst!“ bekommt in solchen digitalen, sensorgestützten Echt-Zeit-Umgebungen eine völlig neue und zugleich ursprüngliche Bedeutung:

Hier erfährt man die Welt nicht lediglich durch körperlich passives Denken, Sehen und Hören, sondern durch die eigene Körperbewegung im interaktiven Raum: durch Tasten, Tanzen, Springen, Laufen, Gestikulieren, Spielen…. Wer den vor uns liegenden markierten Platz der Weltkultur betritt, begibt sich zugleich mitten in die virtuellen Kompositionen von Künstlern aus unterschiedlichen Kulturen, Generationen und Traditionen. Jeder Besucher bringt mit seinen Bewegungen diese Kompositionen zum klingen und leuchten. Und jedes virtuelle Werk erklingt und leuchtet real nur in der Weise, wie sich Besucher tastend, spielend oder tanzend in ihm bewegen.

Dabei besitzt die Qualität der Interaktion, also die Art und Weise des aufeinander Hörens, des wechselseitigen Beobachtens, des Rücksicht-Nehmens und des kollektiven Gestalten-Wollens ebenfalls eine „kompositorische“ Bedeutung. Kameras dienen hier nicht zur Ãœberwachung oder zum Filmen, sondern bilden Fenster oder Membranen zwischen realen Aktionen im öffentlichen Raum und den in Echt-Zeit abrufbaren virtuellen Bild-Klang-Architekturen.

In Dresden fällt mit der Eröffnung des Ersten virtuellen Platzes der Weltkultur gleichsam der Startschuss für die kontinuierliche Arbeit an einem virtuellen wie realen städtischen Raum, den es so noch nicht gegeben hat. Eine immaterielle Kunst der Öffentlichkeit und Offenheit die zugleich das Potenzial einer sozialen, interurbanen und globalen Kommunikation in sich trägt.

Der „Erste virtuelle Platz der Weltkultur“ bietet vorzügliche, weil auf Dauer installierte Möglichkeiten der Vernetzung mit weiteren interaktiven öffentlichen Plätzen in anderen Ländern und auf anderen Kontinenten. In den nächsten Jahren ist die Einrichtung und Vernetzung von solch sensiblen interaktiven Plätzen in Breslau, Sankt Petersburg, Hamburg, Florenz, Strasbourg, Salzburg, Ostrawa, Rotterdam und Wroclaw geplant.

Bis zum Stadtjubiläum 2006 sollen möglichst alle Partnerstädte Dresdens über interaktive öffentliche Plätze miteinander verknüpft werden. So könnten sich zur Museumsnacht 2006 Menschen aus Florenz, Sankt Petersburg, Rotterdam, Brazzaville und Dresden auf Ihren Plätzen der Weltkultur zu einer gemeinsamen Interaktion mit Bildern und Klängen treffen. Spielende Kinder, junge Skater, neugierige Touristen, Konsumenten und Kunstkenner, Tänzer, Architekten, Medienkünstler, Spaziergänger, Techniker und Komponisten… – werden in den virtuellen Environments über Ländergrenzen hinweg gemeinsam spielen, skaten, tanzen, komponieren, forschen, flanieren und choreographieren.

Dieses Europäische Projekt beinhaltet

  • – die technische Einrichtung und Betreibung eines Virtuellen Platzes der Weltkultur in jeder Partnerstadt;
  • – die Durchführung von Workshops für Medienkünstler, Komponisten, Choreografen, Tänzer, Architekten, Gestalter und Informatiker aus den Partnerstädten bzw. den jeweiligen Ländern;
  • – den Austausch von virtuellen Kompositionen von Künstlern aus den Partnerstädten bzw. den jeweiligen Ländern und deren Präsentation auf den virtuellen Plätzen;
  • – und ab 2006 die komplexe Vernetzung aller virtuellen Plätze der Weltkultur als transnationalen Interaktionsraum.

Besonders in Dresden kann damit die Zusammenarbeit zwischen technischen und künstlerischen Hochschulen, zwischen Komponisten, Choreografen, Medienkünstlern, Tänzern, Architekten, Informatikern, Kunstsoziologen, Kulturmanagern und Technikern befördert werden. Der Ende Juli 2003 von der Trans-Media-Akademie in Hellerau geplante Workshop zielt genau auf diese neue Form des disziplinüber-schreitenden künstlerischen Forschens.

Es ist nicht zuletzt für das moderne Image Dresdens wichtig, dass sich der Veranstalter des Ersten Virtuellen Platzes der Weltkultur, die Trans-Media-Akademie Hellerau e.V., mit Unterstützung des Kulturamtes für neue, zukunftsorientierte Projekte engagiert. Gerade im Kontext der in Dresden konzentrierenden High-Tech-Produktion sowie der Bildungs- und Forschungslandschaft schlagen solche öffentlichkeitswirksamen künstlerischen Vorstöße in neue Bereiche der Technikanwendung wichtige Brücken zwischen technischer und künstlerischer Kultur.

Mit dem Internationalen Festival CYNETart, dem Medienkulturzentrum Pentacon, dem Bundesvideofestival 2004, dem in Dresden entwickelten nationalen Multimediawettbewerb MB 21, dem Interfacelabor blueLAB und den innovativen Aktivitäten der Trans-Media-Akademie im Festspielhaus Hellerau hat sich die Landeshauptstadt Dresden in den letzten Jahren zu einer Medienkulturstadt von nationaler und internationaler Bedeutung entwickelt.

Dies widerspiegeln z.B. auch die Kooperationspartner der Trans-Media-Akademie wie das Ars Electronica Center Linz, die V2_Organisation Rotterdam, das WRO Center of Media Art Foundation Breslau, das Senselabor Salzburg, die Palindrome Intermedia Company in Nürnberg oder das Institut für elektronische Musik an der Universität Graz. So konnte auf der Basis dieses internationalen Netzwerkes das erste Sächsische EU-Projekt „Kultur 2000″ in Kooperation zwischen Kulturamt und Trans-Media-Akademie im März diesen Jahres abgeschlossen werden. Fast 40 Künstler, Techniker und Ingenieure aus 10 Ländern waren an den interdisziplinären Projekt „Realtime & Presence – Komposition virtueller Bild-Klang-Räume“ beteiligt.

Die entstandenen Installationen und Performances wurden zu bedeutenden internationalen Festivals in Linz, Dresden, Rotterdam, Paris und Wroclaw präsentiert.

Diese medienkulturelle Entwicklung geht einher mit einer Profilierung Dresdens als Standort der Medienwirtschaft.  Nach einer Studie des Deutschen Multimedia Verbandes ist die Dresdner GmbH T-Systems Multimedia Solutions mit ihren 250 Mitarbeitern in Deutschland das führende Unternehmen im Bereich New Media Service. Im nationalen Standortvergleich hat sich Dresden im letzten Jahr von Platz dreizehn auf Platz acht hinter Köln und Frankfurt in diesem Bereich nach vorn entwickelt.

Die Basis für all diese zukunftsorientierten Initiativen bildet eine für Deutschland wohl modellhafte Kooperation zwischen der Stadt und freien Trägern wie der Trans-Media-Akademie Hellerau e.V.  Der Projektleiter des Projektes „Globale Europäische Felder – virtuelle Plätze der Weltkultur“ und Gründer des mittlerweile in 40 Ländern der Welt verankerten Internationalen Festivals für computergestützte Kunst CYNETart, Dr. Klaus Nicolai, ist seit 1995 Referent für Medienkultur der Landeshauptstadt Dresden. Durch Einbindung verschiedenster Institute – die Palette reicht von der Biopsychologie, der Robotik über computergestützte Sensorentechnologie – und experimentierfreudige Künstler aus aller Welt hat sich Dresden nunmehr zu einem heimlichen Zentrum einer neuen Art von künstlerischer Forschung entwickelt. Die Integration des Erfinders von EyeCon, der weltweit wohl komplexesten und zugleich bedienerfreundlichsten Sensorsoftware, Frieder Weiß, öffnet nunmehr völlig neue Dimensionen für virtuelle Umgebungen und Bühnen.

Weitere Informationen über:

Koordination: Susanne Bochmann bochmann@body-bytes.de
Tel: +49-351-889 6665

Konzept/Gesamtleitung: Klaus Nicolai nicolai@body-bytes.de
Tel: +49-351-340 00 33

Adresse:
Trans-Media-Akademie Hellerau e.V.,
Festspielhaus Hellerau,
Karl-Liebknecht-Str. 56, D-01109 Dresden,
www.t-m-a.de

Pressemitteilung als Download (pdf): Erster virtueller Platz der Weltkultur



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