bad manner – 7 Objekte für Datenreisende
Digitale Kommunikationsmittel sind Segen und Fluch zugleich. Sie erleichtern Arbeitsprozesse und den Austausch in Beziehungen zwischen Menschen. Informationen lassen sich in Windeseile von überall her abrufen. Menschen können schnell, über große Entfernungen hinweg miteinander kommunizieren, sei es per Telefon, E-Mail oder Chat.
Wir haben allerdings noch nicht gelernt, mit diesen unbegrenzten kommunikativen Möglichkeiten umzugehen. Wir lassen uns von neuen E-Mails oder SMS-Nachrichten ablenken und unterbrechen unsere Arbeit, um nachzuschauen, welche aktuellen Weltereignisse unsere Lieblings-Online-Zeitung zu berichten hat. Wenn wir einige Tage ohne Laptop und Internetverbindung auskommen müssen, fehlt uns unser liebgewonnener Freund, und wir fühlen uns abgeschnitten von der Welt. Wir brauchen die digitalen Medien, wir sind süchtig danach, im Datenstrom ganz vorn zu schwimmen. Unseren individuellen Wert bemessen wir anhand von Google-Hits und Google-Rankings. Nur wer im World Wide Web Rang und Namen hat, hat dies auch in der realen Welt.
Wir haben Verhaltensweisen entwickelt, die unsere Arbeit uneffektiv und unser soziales Leben oberflächlich machen. Wir sind süchtig nach Information, abhängig von elektronischen Geräten und eitel genug, im Internet alles von uns Preis zu geben. Mit diesen Verhaltensweisen hat sich [[Ivy Kunze]] in ihrer Diplomarbeit mit dem Thema »Ununterbrochen unterbrochen – wie digitale Medien unser Verhalten verändern« auseinandergesetzt. Entstanden ist die künstlerische Arbeit »Bad Manner – 7 Objekte für Datenreisende«, die uns auf humorvolle, mitunter provozierende Weise mit unserem schlechten Benehmen in der digitalen Welt konfrontiert.
Die Objekte:
»Virgin Thumb«
Der »Virgin Thumb« verhindert das zwanghafte Bedienen von Mobiltelefonen. Dieser Keuschheitsgürtel für geplagte Daumen hilft dem süchtigen Handynutzer, sich von seinem Lieblingsspielzeug zu entwöhnen.
»Handy Muffala«
Mit dem blickdichten Handysack kann man üben, blind SMS zu schreiben. So klappt das heimliche Tippen der SMS-Nachricht beim nächsten Mal schnell und fehlerfrei.
»Ego-Mirror«
Der »Ego-Mirror« spiegelt unsere Bekanntheit im Internet wider. Er zählt auf Anfrage die Anzahl unserer Google-Treffer und gibt sie wie in dem Märchen Schneewittchen sprachbasiert aus.
»Datensauger«
Der »Datensauger« ist ein Beruhigungssauger für Datenreisende mit USB-Schnittstelle, die unentwegt Dateien aus dem Internet laden müssen. Nur wenn am USB-Nuckel gesaugt wird, können Dateien aus dem Internet geladen werden.
»Laptop-Sign«
Das »Laptop-Sign« ist ein Anhänger für den Laptop, der mit einem Griff alle Kommunikationskanäle ausschaltet. Hängt die Seite mit der Aufschrift „Do not disturb!“ außen, sind wir nicht erreichbar. Wollen wir wieder mit anderen Menschen kommunizieren, schalten wir bewusst auf Empfang, in dem wir das »Laptop-Sign« umdrehen.
»Laptop-Schnecke«
Mit der »Laptop-Schnecke« können wir uns zurück ziehen aus der vernetzten Welt. Das Gewebe schirmt WLAN-Strahlen zu einem großen Teil ab. Wir haben keinen Empfang und keine Hand frei, um ans Telefon zu gehen.
»Magic Hanky«
Für Menschen, die täglich mit ihrem Rechner arbeiten, ist ihr Computer ein treuer Freund geworden. Um so dramatischer ist es, wenn er nicht mehr hochfährt. Für diese traurigen Stunden gibt es das »Magic Hanky« – ein magisches Taschentuch, dass seine Botschaft „In Bytes We Trust“ erst vermittelt, wenn darauf geweint wird.
Tags: 2008, CYNETart, Installation