„[OSZO 24]TM – 4,2 MWH“ – „[OSZO 25]TM – BEDA VENERABILIS“ – „[OSZO 26]TM – TILL DEATH DO US PART“
Zeitverlust und Selbstgewinn
Text von [[Marc Piesbergen]]
[[Ritchie Riediger]]s Installationen sind Objekte, hinter deren kühl glänzender Oberfläche das System medialer und persönlicher Gegenwartsinszenierungen zu einem existenziellen Kipppunkt geführt wird. Was dabei kippt, ist das allgegenwärtige Versprechen, dass die Rollen, die gespielt werden, mehr bedeuten, als man selbst. Zwischen dem „anything goes“ eines bis zur Spitze beschleunigten Marktes, der idyllischen Emblematik des privaten „pursuit of happiness“ und der „political correctness“ moderner Tugendhaftigkeit besteht insofern kein Unterschied, als sie alle gleichsam beliebig abrufbare Muster ein und derselben Aufmerksamkeitsökonomie sind. [[Ritchie Riediger]] setzt an dieser Bruchkante an: Nicht indem er ein utopisches Ideal einfordert, nicht indem er sich auf die etwaige Vernunft einer postulierten Verhältnismäßigkeit beruft, sondern indem er mit reduzierter Geste und konzentrierter Form auf die Dinge selbst verweist.
Dies heißt, seine Arbeiten handeln nicht von der Erfahrung, sondern sind eine Erfahrung. Das macht die Sache extrem spannend: Mit »[OSZO 26]TM – till death do us part« etwa, bearbeitet [[Ritchie Riediger]] nicht weniger als das Fundament des Idealismus des Künstlers und der Kunst selbst. Denn radikaler kann ein Selbstporträt nicht sein: Mit einer rückwärts laufenden Zähluhr entkleidet [[Ritchie Riediger]] das Sujet vollständig von jeder Figürlichkeit und zeigt mit rasenden Ziffern den Countdown seiner eigenen noch zu erwartenden Lebenszeit an. Diese schmilzt unumkehrbar dahin und der Betrachter sieht die Restzeit des Künstlers im Werk am Werk – je niedriger der Wert, desto näher das Ende des Schöpfers. Doch ob das sekundenweise Verschwinden einen persönlichen Gewinn oder Verlust darstellt, muss, abseits der Inszenierung, jeder für sich selbst entscheiden. Was in diesem Fall ein Für-Sich-Entscheiden im grundlegendsten Sinne bedeutet; es gibt keine Rolle, keine Pose und kein Eigenbild mehr, nur die nackte Wahrheit der Verfasstheit von Künstler und Betrachter – als Arbeit, in Sekunden. Indem [[Ritchie Riediger]] dies manifestiert, gelingt ihm ein seltener Moment: Inmitten einer scheinbar multioptionalen, manche sagen auch besinnungslosen, Gegenwart, imitiert er deren gleißende Versprechungen, schließt sie miteinander kurz und lässt sie sich so selbst begegnen. Dies zu beherrschen, zeugt von höchster künstlerischer Qualität. Dem Betrachter wiederum offenbart sich dem gegenübergestellt ein entscheidender Einblick: Inmitten der permanenten Dialektik von Erkenntnis und Scham liegt die Möglichkeit eines Selbst, das über jede Inszenierung erhaben ist
[oszo 24]TM – 4,2 MWH]
[oszo 26]TM – Till death do us part
Tags: 2008, CYNETart, Installation