Le grand content
Zusammenfassend seien die entscheidenden Lebensfragen, so teilt die mĂ€nnliche Off-Stimme in sanft gebrochenem Englisch gleich eingangs mit, auf drei Begriffe einzugrenzen: auf Wie, Warum und Was – drei Grundfragen, die zugleich auch als die Lieblingswörter internationaler Teenager-Poesiealben nachweisbar seien. Teenager wiederum teilten etwa mit Kaffee und der Börse einen wesentlichen Grundsatz: Sie seien bloĂ eine Zeit lang heiĂ. Die Ewigkeit braucht etwas lĂ€nger, vor allem aber: Zeit – die man dazu nutzen kann, Abenteuer von wechselnder IntensitĂ€t zu erleben. – Die wilden Assoziationsketten, die »Le Grand Content« in Gang setzt, sehen sich perfiderweise in die Sprache neuzeitlicher PowerPoint-PrĂ€sentationen ĂŒbersetzt: in Schnittmengendiagramme, Tabellen und Grafiken. Dabei werden, in aller Ruhe, der Zusammenhang zwischen Bier und Selbstvertrauen sowie das VerhĂ€ltnis von (psychischem) Schmerz und (physischen) Narben ausgelotet, aber auch die innere Verbindung von einsamem Eiscremekonsum und stark erhöhtem Selbstekel.
»Le Grand Content« von [[Clemens Kogler]] ist ein subversives Unterfangen: Es fĂŒhrt vor, wie systematisch sich Desorientierung betreiben lĂ€sst, wie logisch Nonsens aussehen kann. Die ĂŒbersichtliche PrĂ€sentation gewĂ€hrleistet, der autoritativen OberflĂ€chen zum Trotz, keinerlei SeriositĂ€t. Die Ăberzeugungskraft der grafischen Ableitungen ist exakt gleich groĂ wie ihre AbsurditĂ€t. Die zart klingelnde Musik, die den Film umspielt, betont subtil das ihm zugrunde liegende Prinzip: die Melancholie des Apparats.
»Le Grand Content« ist eine rare Arbeit, von trockenem Witz, Ă€sthetischer SouverĂ€nitĂ€t und lakonischer PrĂ€zision. Aus all diesen GrĂŒnden avancierte sie in den vergangenen Wochen zu einem Ăberraschungshit auf der Digi-Clip-Website YouTube.com. Mit gut einer halben Million Zuschauern dĂŒrfte »Le Grand Content« bereits jetzt zu den meistgesehenen österreichischen Filmen der letzten Jahrzehnte zĂ€hlen.
Text von [[Stefan Grissemann]]