CYNETart_08 präsentiert »camera orfeo« von Penelope Wehrli

Eine auto-choreografische Komposition

CYNETart 08, Festspielhaus Hellerau
Vorstellungen: 6. – 8. November 2008

6.11. von 20 -23 Uhr
7.11. von 20 – 1 Uhr
8.11. von 19 – 22 Uhr

Konzept / Raum / Inszenierung – Penelope Wehrli
Musikalisches Konzept / Klangraum – Sam Auinger, katrinem
Sound Live-Feed – Sam Auinger
Stimme / Tanz – Rickie Eden
Barockensemble – Lauttencompagney Berlin
Kostüm – Ellen Hofmann
Dramaturgie – Detlev Schneider
Motion-Tracking / Video Software – Dominik Rinnhofer
Audiosoftware – Joa Gasstetter
Kamera / Bildbearbeitung – Sirko Knüpfer
Technische Leitung / Maschinenentwicklung und Bau – Peter Buchheit
Produktionsleitung / Management – Anke Hoffmann

Zu Beginn ist der Raum still. Euridices Bild hat sich aufgelöst.
Orfeo führte Euridice aus der Unterwelt. Auf dem Weg durfte er nicht zu ihr zurückblicken.
Aber er blickte zurück, und Euridice verschwand. Geblieben ist die Erinnerung.

Orfeo muss sich umdrehen, damit er Euridice immer wieder neu erfinden kann.

camera orfeo ist eine Raumpartitur aus mehreren parallelen verlinkten Bild- und Klangebenen und aus mobilen Raumelementen, zwischen denen sich die Besucher frei bewegen. Monteverdi’s zentrale Arie „Possente Spirto“/„Orfeo son Io“ (10:17) und gefilmte Bewegungsabfolgen der Sängerin und Performerin Rickie Eden sind in 1453 Sequenzen geteilt in einer Datenbank gespeichert. Die Bewegungen der Zuschauer und der Elemente im Raum werden in Zeitintervallen via Motion-Tracking gelesen und lösen so die Bilder und Klänge aus.
Unvorhersehbar sind deshalb im Verlauf des Abends die steten musikalischen und visuell-choreografischen Permutationen des Materials: die in ihre einzelnen Instrumentalstimmen und Atembögen geteilte Arie aus Monteverdis Oper; endoskopische Aufnahmen der Stimmbänder der Sängerin während des Singens; die fragmentierten und mehrfach projizierten und gespiegelten Schreitfiguren der Performerin; Textauszüge aus Descarts Dioptrik; ein Sound-Live-Feed aus dem urbanen Außenraum des Festspielhauses.

camera orfeo ist eine konzentrierte Auseinandersetzung mit Vorgängen des Erinnerns, Löschens und Neuschaffens, und ein Versuch, diese in einen Raum zu übersetzen.
Der Hör- und Betrachtungsvorgang des Besuchers wird selbst zu einem Vorgang des Erinnerns.
camera orfeo ist ein poetisches zirkuläres System, ein Kaleidoskop für Bild, Klang und Bewegung.

Im Hellerauer Saal ist camera orfeo auch eine Hommage an Appias und Dalcroze´s legendäre Orpheus-und-Eurydike-Inszenierung hier vor 95 Jahren, die sich mit ihren rigoros-poetischen Licht-Bildern und Projektions-Räumen der Imaginationskraft ihrer Zuschauer anvertraute. Vehement beförderte sie die Mediatisierung der Theaterästhetik im 20.Jahrhundert. Erinnert wird also auch die Gründerzeit des Festspielhauses als Ort künstlerischer High-Tech-Experimente.

Erinnerte Bilder beschreiben immer Gegenwart, nie Vergangenheit. Israel Rosenfield



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