Accountleichen-Bewegung

Jury-Statement

Die Berliner Internet-Künstlerin [[Susanne Berkenheger]] setzt sich mit ihrer Kunst-Aktion gegen die visuelle Unterdrückung von Accountleichen ein. Damit wirft sie Fragen nach dem Ethos und der Bedeutung des ‚digitalen Ablebens‘ auf. In dieser Lesart werden Handlungen im digitalen Raum, Verantwortungen und Reflektionen verortet, die u.a. das Spannungsfeld von immateriellen Dingen zu einer sozialen, aber auch materiellen Wirklichkeit konstituieren. Neben der Ausprägung und Entwicklung von sozial-psychologisch-ethischen Verhaltens­normen im Netz, richtet Berkenheger mit dieser ironischen Geste den Blick auch auf die Betreiber derartiger Online-Plattformen, die offensichtlich Kapital aus dem User-Verhalten schlagen und durch das Unsichtbarmachen nicht mehr benutzter Avatare der Öffentlichkeit andere Sachverhalte vorspiegeln.

Wider den Internet-Leichenhandel

Accountleichenbewegung.de kümmert sich um vernachlässigte Netzidentitäten

Online-Communities, man weiß es, bestehen meist überwiegend aus Accountleichen: Traurige Datenreste schon lange ausgeloggter Nutzer, die zwar nach außen hin stolz als offizielle Mitglieder geführt werden – intern aber werden sie behandelt wie Luft. Am übelsten ist es in Second Life: Zu Lebzeiten von liebender Hand erstellt, darf die Accountleiche nicht einmal mehr zu sehen sein. Nur die sozial Erfolgreichen, die noch Kontakt zu einem Real-Life-Menschen haben, poussieren lachend in Second Life umeinander – und ahnen nicht, dass sie durch ein Heer von unsichtbaren, traurigen Geistern wandern. Stumm seufzen die Accountleichen und flüstern sich zu: Nur um eines Tages teuer verkauft zu werden, behält man uns hier – Accountleichen-Handel! Welche Online-Community ist frei davon? Youtube, Häuslebauerforum, Flickr, Facebook, bahn.de, secret city, Myspace, Xing, David Hasselhoff Fanclub, Yahoo … Sie alle wollen die schnelle Mark machen, auf dem Rücken der Dahingegangenen.

Auf vielfachen Wunsch aus der Accountleichen-Szene kündigt die Accountleichenbewegung.de nun den Leichenhändlern weltweit den Kampf an. Als verabscheuungswürdigsten Präzedenzfall hat sie begonnen, das Metaversum Second Life in die Knie zu zwingen.

In einer Baugrube in Second Life wurde ein Plakat platziert. Dieses teleportiert einen zum Sitz der Accountleichenbewegung.de in einiger Höhe. Dort finden sich – beinahe problemlos zugänglich – drei anklickbare flying Websites:

* ein Accountleichen-T-Shirt-Shop, wo jedermann sich reale Accountleichen-T-Shirts kaufen kann, um das Problembewusstsein der Öffentlichkeit zu schärfen.

* eine Online-Unterschriftenaktion mit der Forderung an Linden Lab, Avatare ausgeloggter Nutzer sichtbar zu machen.

* der telekinetische Weblog des Avatars Muji Zapedzki, der offiziellen Gründerin der Accountleichenbewegung.de. Muji reflektiert hier hauptsächlich über ihr kritisches Verhältnis zu ihrer Accounthalterin, der ›sogenannten Künstlerin‹ Susanne Berkenheger. Nicht ganz grundlos ist sie von der Angst getrieben, eines Tages selbst als Accountleiche zu enden.

Susanne Berkenheger: "Accountleichen-Bewegung"

Susanne Berkenheger: "Accountleichen-Bewegung"

Susanne Berkenheger: "Accountleichen-Bewegung"

Susanne Berkenheger: "Accountleichen-Bewegung"



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